Briggyte Mendez, die triumphale Siegerin des real,- BERLIN-MARATHON 2005, hat das Skatervolk in Erstaunen versetzt. Wie sieht denn nun der Erfolgs-Speedskater aus? Eigentlich schien diese Frage bereits im Vorjahr beantwortet zu sein.
Roger Schneider, der Zwei-Meter-Mann, war 2004 im wahrsten Sinne des Wortes ein großer Sieger. Mit seinen extrem langen Beinen verfügte er über eine Hebelwirkung, die ihn in die Lage versetzte, praktisch im sechsten Gang zu fahren. Doch nun gewinnt ein 20-jähriges Mädel aus Kolumbien, das gerade mal 1,44 Meter groß ist. Die Beinlänge dürfte also kaum entscheidend sein, wenn es beim Speedskaten um den Sieg geht.
Für Briggyte Mendez ist die Frage nach ihrer Größe nicht neu. „Ich bin halt ein kleines Kraftwerk", sagt sie. Und dann lacht sie, als sie hört, dass deutsche Speedskating-Trainer die richtige Skaterhaltung als Powerbox bezeichnen: „Ich bin die personifizierte Powerbox."
Kraft in Dynamik
Entscheidend sei, wie man Kraft in Dynamik umwandle, sagt Briggyte Mendez. Zu ihrem täglich sechsstündigen Trainingsprogramm, das sie morgens zwischen 6 und 9 Uhr sowie abends zwischen 17 und 20 Uhr absolviert, gehört auch regelmäßiges Gewichtheben.
Seit 14 Jahren steht die 20-Jährige auf Inline Skates. Speedskaten ist in ihrer Heimat ein Volkssport. Die Konkurrenz ist hart. Wer sich in Kolumbien bis zur nationalen Spitze durchkämpft, gehört dann auch schon zu Weltelite. Berlins Vorjahressiegerin Cecilea Banea kennt Briggyte Mendez nur flüchtig von einigen Trainingseinheiten mit dem Nationalteam: „Wir haben so viele Weltklasseskater. Cecilea kommt aus Bogotá. Ich wohne in Cali. Da hat man schon Probleme, sich näher kennen zu lernen."
Junioren-WM-Titel
Zwar hat Briggyte Mendez schon etliche Junioren-WM-Titel und sieben Weltmeistertitel in der Eliteklasse gewonnen, aber seit dem 24. September 2005 weiß sie: „Der Triumph in Berlin war das bislang allergrößte. Noch nie habe ich ein Rennen vor so einer großen Zuschauerkulisse gefahren, selbst in Kolumbien nicht, wo Speedskaten eine der wichtigsten Sportarten ist. Das Rennen in Berlin war phantastisch."
Und das ist auch der Grund, warum sie nach ihrem ersten Besuch in der deutschen Hauptstadt wiederkommen will: „Diese Atmosphäre muss ich nochmals genießen." Gelegenheiten zur Wiederkehr hätte sie, denn noch vier, fünf Jahre will sie als Profi Speedskaten und sich vor allem auf Marathonrennen konzentrieren.
Eis kann man nur schlecken
Ob sie denn nicht einmal daran denke, so wie einige andere Speedskater mit großem Erfolg, zum Eisschnelllauf zu wechseln? „Nein," sagt Briggyte. Und wieder antwortet sie mit einem Lachen: „Auf Eis will ich nicht rumlaufen. Eis kann man nur schlecken."
Hanspeter Detmer